Online Bürgernetz Magazin: unabhängiges Internet-Magazin des Fördervereins Bürger Online e.V.
Ein Leben für das "natürliche und künstlerische Foto"

15.02.2006, eb/Eberhard Basler

In jedem "alteingesessenen" Haushalt der Marktgemeinde Gars am Inn hängen seine Fotos an der Wand , oder man findet sie in den Alben der Nachkriegsgeneration: Rudolph Schrötter junior stammte aus Mühldorf, lebte lange in Mittergars und München und verstarb dort jetzt im hundertsten Lebensjahr.
Der größte Teil seines vor zehn Jahren von ihm selbst zusammengestellten packenden Lebenslaufes ist noch vorhanden, weitere Informationen konnten Josef Kelldorfner aus Mittergars und Günter Sebald aus Gars beisteuern, die Schrötter gut kannten und ihm auch das letzte Geleit gaben.
Gerne holte man Rudolph Schrötter in den Jahrzehnten seiner Garser Zeit, um den Nachwuchs zu portraitieren. Das ausdrucksvolle Bild aus dem Album von Brigitte Sebald, geborene Bäumler, im Sommer 1948 gerade zweieinhalb Jahre alt trägt denn auch den Stempel auf der Rückseite: "Das natürliche Kinderfoto von Fotomeister Rudolph Schrötter jr., Gars II am Inn (Obb)". Und wenn noch nicht in den ersten Lebensjahren, spätestens bei der Erstkommunion lernten schließlich alle Kinder aus Gars und Umgebung den Fotografenmeister kennen.
Ein gutes Beispiel für "Das künstlerische Schrötter-Foto" ist die herrliche Aufnahme dreier Mittergarser, entstanden um 1953, worauf (von links) der damalige Kramerwirt Lindner Karl mit dem Brandl Xaver (Bibinger) und dem Huber Anton (Langrieger) beim intensiven "Stammtisch-Dischkurs" zu sehen sind., Auch die Aufnahme vom Stampfl oberhalb Au am Inn Ende 1955 beweist, wie ausgezeichnet Schrötter Stimmungen einfangen konnte.
Viele der Fotoarbeiten von Rudolph Schrötter gab es früher auch als Postkarten zu kaufen, hoch interessant für die heutige Zeit, wo man wieder Spaß daran hat, alte Ansichten "auszugraben".
In seinem langem Leben hat es der Künstler Rudolph Schrötter oft nicht leicht gehabt, er spricht selbst "von sehr besonderen Lebensjahren und einem sehr bewegten Lebenslauf": Am 15. Juli 1906 wurde er als Sohn des Geschäfts-Inhabers und Fotomeisters Rudolph Schrötter senior in der Mühldorfer Katharinenvorstadt geboren. Seine Mutter starb als er zehn war, die Revolution 1918 erlebte er am Fenster der Realschule mit Heim in Freising mit.
Von 1921 bis 1924 lernte Rudolph Schrötter junior das Fotografen-Handwerk bei seinem Vater. Auf Grund der schlechten Zeiten verdiente er dann allerdings sein Geld mit Pickel und Schaufel "bis zu den Knien im Schlamm" beim Bau des Innkanals in Jettenbach..,
Es folgten Jahre als Landschaftsfotograf im Schwarzwald für eine Tübinger Ansichtskartenfabrik und eine Tätigkeit im väterlichen Geschäft ab 1928. Anfang der Dreißiger betätigte Schrötter sich dann als Industriefotograf bei Krupp in Magdeburg, besuchte Kurse bei bekannten Fotografen in München und legte dort 1937 die Meisterprüfung ab. Immerhin konnte er dabei auch Künstleraufnahmen von Weiss Ferdl, Michl Lang, Karl Valentin und Hans Albers vorlegen.
Im gleichen Jahr nahm er eine Stellung als Fachberater für fotografische Papiere an und erhielt Fotoaufträge auf der Weltausstellung Paris sowie bei großen Münchner Veranstaltungen. Im Zweiten Weltkrieg zog man den Berufsfotografen zur Luftwaffe ein ? fortan machte er für die Seefernaufklärung Luftbilder im "Flugboot".
Bei Orleans in Frankreich geriet er in amerikanische Gefangenschaft, die Entlassung erfolgte 1946 nach Mittergars: Schrötters Münchner Wohnung in der Paul-Heyse-Straße 6 war ausgebombt, alle seine Künstler-aufnahmen im Keller wurden ein Raub der Flammen.
In den Nachkriegsjahrzehnten wohnte Rudolf Schrötter dann bei verschiedenen Vermietern in Gars Bahnhof und Mittergars, arbeitete aber immer wieder auch "in dem Gartenhaus" einer Bekannten in der Münchner Lerchenau. Viele erhaltene Aufnahmen aus dem gesamten Altlandkreis Wasserburg und auch aus München zeugen von einem rastlosen Schaffen und Unterwegssein.
Einer seiner ersten besonderen Aufträge nach dem Krieg war übrigens "die Kennkartenaktion im Landkreis Wasserburg mit Tausenden von Portraitaufnahmen zum teils vorgeschriebenen Preis von 60 Pfennig". Er machte sie nach eigenen Angaben vielfach im Freien und mit einer alten 9x12-Kamera.
Seine "mit einfachen Mitteln hergestellten großen Bilder in Color-Fotografie" stellte er auch in der ersten Fotokina-Messe in Köln aus und bekam für hervorragende Leistungen Diplom und Plakette, was ihn zu weiteren Lehrgängen ermunterte.
1970 bezog der damals 64-Jährige eine Wohnung in der Ludmillastraße in München-Untergiesing, in der er dann bis zu seinem Tod mit fast hundert Jahren lebte. Doch auch nach dieser endgültigen Übersiedlung zog es Schrötter immer wieder hinaus aufs Land nach Gars, wo er seine letzte Wohnung in Thal offiziell nie aufgegeben hat.
Die letzten besonderen "Schrötterfotos" der Region Wasserburg stammen wohl aus den Siebzigern: Farbige Klassenfotos aus vielen Schulen des gesamten Altlandkreises sowie Arbeiten zur Erstkommunion.

Artikel dieser Ausgabe
Ausgaben
Rubriken
Regional
---
An-/Abmeldung als Autor, Neuen Artikel bereitstellen, Neue Ausgabe erstellen
---
Hauptseite des Magazinszum Förderverein
---
Alle Rechte vorbehalten. Wenn Sie Texte oder Bilder aus diesem Magazin weiterverwenden wollen, setzen Sie sich bitte mit dem Autor des betreffenden Beitrags in Verbindung. Weder der Autor jedes einzelnen Beitrags noch der Verein können für Schäden, die aus der Befolgung von Ratschlägen oder Anleitungen in Artikeln entstehen, Haftung übernehmen. Sie befolgen alle Tips usw. also auf Ihr eigenes Risko.