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Vom Augustiner-Chorherrenstift zum Redemptoristenkloster

24.03.2003, eb/Eberhard Basler

In einem Brief vom 24. März 1803 berichtete Probst Augustin Hacklinger an das Erzbischöfliche Kon-sistorium im Salzburg, zu dem das Kloster Gars damals gehörte: ?Der Schlag, den wir einige Zeit her befürchteten, ist wirklich geschehen! Den 19. März vormittags 9 Uhr während des Gottesdienstes wurde uns durch Titl. Herrn v. Gröller, Landrichter in Neumarkt, als Churfürstl. Kommissär die Aufhebung unseres Stiftes förmlich publiziert und das ganze bewegliche und unbewegliche Vermögen als churfürstliches Entschädigungseigentum erklärt.? Ab 1. April mussten die Augustiner Chorherren das gemeinsame Leben endgültig aufgeben. Die Älteren erhielten kärgliche Pensionen, die jüngeren wurden Seelsorger in verschie-denen Pfarreien.
Dr. Otto Weiß aus Wien verdeutlichte jetzt bei einem Referat anschaulich, welche einschneidenden Veränderungen die Säkularisation (Verweltlichung) für das Kloster Gars und seine Umgebung brachte. Die Maßnahmen des Staates stellten zum einen bedeutende Einschnitte für die Menschen dar: ?Ein großer Teil der Bewohner des Ortes hatten Arbeit und sicheren Verdienst im Kloster verloren!?. Zum anderen machte die Säkularisation aber auch den Weg frei für eine völlig neue Klosterlandschaft, nachdem manche der traditionellen Klosteraufgaben wie Besiedlung, Bildungsweitergabe und Erziehung nicht mehr nötig oder auch vom Staat übernommen worden waren. Allerdings, so Weiß, verlief die spätere Neubesiedlung nicht immer ohne Schwierigkeiten , was ganz besonders für das Stift Gars gilt.
Das vom Garser Klosterprobst geleitete Archidiakonat Gars, in dem 50.000 von 250 Seelsorgern betreute Katholiken in 77 Pfarreien lebten, hatte seit Beginn des 13. Jahrhunderts mit den Archidiakonaten Chiemsee und Baumburg das salzburgische Eigenbistum Chiemsee gebildet. Nach der Säkularisation kam der größere Teil davon zur Erzdiözese München und Freising, Gars mit seinen 1100 Gläubigen wurde königliche Patronatspfarrei. In den verkauften Flügeln des ehemaligen Klosters herrschte Durcheinander, der Kapitelsaal im ersten Stock diente als Scheune, das Erdgeschoß als Stall. Doch weil das Kloster an privat verkauft worden war, konnte es später wieder leichter seinem ursprünglichen Zweck zugeführt werden. In Staatsbe-sitz übergegangene ehemalige Klöster wurden oft Schulen, Gefängnisse, Kasernen oder Heime.
Durch die zahlreichen Klostergründungen König Ludwigs I. entstand dann im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts in Bayern eine völlig neue Klosterlandschaft, die in vielem den vor der Säkularisation geäußerten Reformwünschen entsprach, ja die Erwartungen noch übertraf. Es gab einen aufgeklärten Katholizismus, Klöster waren nicht nur Einrichtungen zur Pflege persönlicher Frömmigkeit sondern standen gemäß Konkordat von 1817 im Dienst des Volkes und seines zeitlichen und ewigen Wohles.
Das ehemalige Kloster Gars wurde ab 1855 von den Redemptoristen wieder besiedelt, die eine Niederlassung, ein ?Missionshaus? in der Erzdiözese München und Freising gesucht hatten. Dieser Orden hatte es in Bayern allerdings zunächst nicht leicht, man sagte ihm besondere Strenge, ?undeutsches südländisches Gepräge? und eine Verwand-schaft zu den in Bayern verbotenen Jesuiten nach. Mehrmals wurden der Ansiedlung in Gars Steine in den Weg gelegt, erst die deutliche Fürsprache des römischen Kurienkardinals Reisach, früher Erzbischof von München und Freising, für die ?heilsamen Volksmissionare? brachte 1858 die Wende. Die Redemptoristen zogen in Gars ein, die Bewohner zeigten sich hocherfreut. 8000 Personen sollen der feierlichen Eröffnung des Missionshauses beigewohnt haben.
Das Kloster Gars wuchs schon bald auf die genehmigte Zahl von 12 Patres an, die Zahl der Brüder war nicht beschränkt worden. 1873 brach allerdings noch einmal eine schwierige Zeit an, als die Redemptoristen trotz der Fürsprache von Bischöfen und der bayerischen Regierung unter Ludwig II. durch Bismarcksches Reichsgesetz als ?jesuitenverwandt? angesehen und ihnen im Zuge der ?Jesuitengesetze? jede Tätigkeit in Kirche und Schule verboten wurde. Das Kloster Gars wurde daraufhin vom Orden kurzerhand einem Pater als Eigentum überschrieben. 1894 war auch dieser ?Spuk? vorbei, der Reichskanzler verkündete, dass die Jesuitengesetze auf die Redemptoristen keine Anwendung zu finden hätten. 1899 entstand dann das große Internatsgebäude, dessen erster Direktor der selige Pater Kaspar Stang-gassinger werden sollte.

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